Raumstation mit Holzlatte angepeilt
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VON ULRIKE WEINERT BRÜHL. Ein Jahr lang haben sie sich an mehreren Abenden im Monat auf dem Friedhofsparkplatz Weilerswist auf die Lauer gelegt, um die internationale Raumstation ISS zu sichten. Mit ihrem Erscheinen am Himmel rechneten sie, wenn die Sonne gerade unter den Horizont gesunken war. Jetzt steigt für die Abiturienten vom St.-Ursula-Gymnasium Patrick Magiera, Christoph Schorn und Frithjof Wickrath die Spannung noch mehr. Denn die Drei sind mit ihrem ehemaligen Mathema-tik- und Physik-Lehrer Helmut Hoverath nach Berlin gereist, um die gesammelten Daten im Bundes-Schülerwettbewerb des „Space Triangulation Symposium" zu präsentieren. Im Gepäck haben die drei jungen Forscher neben einem tragbaren Computer einen selbst gebauten Theodoliten. Dabei handelt es sich um ein einfaches Winkelmessgerät. „Mein Großvater sagte, das sei ihm von der Flak im Zweiten Weltkrieg bekannt", sagt Frithjof. Der Vorläufer dieses in der Landvermessung eingesetzten Geräts wurde bereits um das Jahr 1500 erfunden. Sehr modern an dem Theodoliten von Patrick, Christoph und Frithjof sind die beiden integrierten Digitalkameras, die gemessene Horizontal- und Vertikalwinkel an ihren Computer übertragen. Um zu messen, muss eine bewegliche Holzlatte mit Kimme und Korn wie ein Gewehr auf die gesichtete ISS gerichtet werden. ISS ist höchstens für fünf Minuten zu sehen „Tracking the ISS - ihr Weg ist Euer Ziel" ist Titel und Aufgabe des Mathematik-Raumfahrt-Wettbewerbs, den das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie bereits im April 2007 ausgeschrieben haben. Dazu mussten die 20 Teams mit 99 Schülern und 20 Lehrern, die nun in Berlin ihre Ergebnisse vorführen werden, die jeweils aktuelle Position der ISS mit Hilfe der Triangulations-Methode, ein in der Landvermessung angewandtes Verfahren zur Erstellung eines Dreiecksnetzes, möglichst genau berechnen. Dafür benötigten die Teilnehmer eine Partnerschule: Mit Gymnasiasten in Roth bei Nürnberg arbeiteten die Brühler zusammen beim Erstellen von Dreiecken aus zwei irdischen Standorten und der ISS, deren Senkrechte erst eine genaue Entfernungsmessung zu der Raumstation ergibt. „Die Partner müssen sich absprechen, um gleichzeitig Sichtkontakt zur ISS zu bekommen", nennt Lehrer Hoverath die größte Schwierigkeit. Wann die ISS über Deutschland zu sehen ist, verrät eine Internetseite. Dann ist sie höchstens fünf Minuten lang sichtbar. Denn die Raumstation rast mit 28000 Stundenkilometern auf ihrer Umlaufbahn. „Das heißt, die ISS braucht 91 Minuten für einen Umlauf. Die Astronauten erleben 16-mal an einem Erdentag einen Sonnenaufgang", erklären Patrick und Christoph. Ein sehr genaues Ergebnis zur Position der ISS ermittelten die Abiturienten, die sich alle für die Aufnahme eines technischen Studiums entschieden haben, für den 11. Februar 2008. An dem Abend befand sich die Raumstation in einer Flughöhe von exakt 323,3 Kilometern über Deutschland. Kölnische Rundschau – Rhein-Erft – vom 20.09.2008 |