Bonner General-Anzeiger vom 12.03.2009



Ehrenbürgerschaft für nichtig erklärt



Brühler Stadtrat beschäftigt sich auf Initiative einer Schülerin mit Hitler und Hindenburg

BRÜHL. Theresa Klümper, Schülerin des Sankt Ursula-Gymnasiums Brühl, hat erreicht, was wohl seit vielen Jahren überfällig war. Der Rat der Stadt Brühl hat sowohl Adolf Hitler als auch Paul von Hindenburg das Ehrenbürgerrecht offiziell aberkannt.

Der Brühler Rat hatte im April 1933 beiden als eine der ersten von etwa 4 000 Städten in Deutschland das Ehrenbürgerrecht übertragen. Theresa Klümper hatte mit ihrer damaligen Klasse im Januar 2008 an einer von der Stadt angebotenen Führung „Auf den Spuren jüdischen Lebens in Brühl" teilgenommen. Dort erfuhr sie von der Ehrenbürgerschaft Hitlers. Sie wollte mehr wissen, konnte jedoch auf der Internetseite der Stadt zwar eine Liste der Ehrenbürger, aber nicht den Namen Hitler finden.

Deshalb schrieb Theresa an den Bürgermeister. Dieser erklärte, die Alliierten hätten 1946 beschlossen, „dass Kriegsverbrecher keine Ehrenbürger sein können." Es sei „somit eine Tatsache, dass Hitler nicht mehr zu den Ehrenbürgern der Stadt" gehöre. Theresa schrieb zurück und fragte nach, ob der Bürgermeister nähere Angaben zu dem Beschluss machen könne, und erfuhr, es handele sich um eine Direktive des Alliierten Kontrollrats in Deutschland von 1946.

Die Schülerin informierte sich und bat den Brühler Bürgermeister, „den Antrag auf Aberkennung der Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers zu stellen". Dieser Antrag kam im Februar in den Hauptausschuss. Dieser folgte dem Beschlussvorschlag der Verwaltung, der deutlich machte, dass eine Beschäftigung mit diesem Thema überflüssig sei. Es hieß: „Der Rat bestätigt, dass das Ehrenbürgerrecht von Adolf Hitler und Paul von Hindenburg erloschen ist."

Drei Gründe wurden angeführt: „Für Kriegsverbrecher wurde der Verlust des Ehrenbürgerrechts gemäß der Direktive des Alliierten Kontrollrats festgelegt." Der Rat habe bereits 1983 mit den Ehrenbürgerschaften Hitlers und Hindenburgs thematisiert und „den Standpunkt vertreten, dass sich eine Rückgängigmachung des Beschlusses erübrige, da feststehe, dass die beiden Kriegsverbrecher keine Ehrenbürger der Stadt Brühl mehr sind." Zudem sei nach der Gemeindeordnung „eine formale Entziehung des Bürgerrechts nur solange möglich, als der Betreffende noch lebe.

Erst nach der Hauptausschuss¬sitzung sei bewusst geworden, was wirklich in der Kontrollratsdi¬rektive von 1946 stehe, so Martin Möllmann, ehemaliger Lehrer von Theresa Klümper. Es gehe um „Sühnemaßnahmen gegen Hauptschuldige" der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Auf Hindenburg, der 1934 verstarb, ließ sich das nicht anwenden. Aber vielleicht auf Hitler, der sich Ende April 1945 das Leben genommen hatte. Doch schon der Begriff der Sühne und weitere Detailbestimmungen deuten an, dass die Direktive lediglich auf damals noch lebende Personen anzuwenden war. Eine Aberkennung des Ehrenbürgerrechts in Bezug auf Hitler hat deshalb 1946 wie auch bei Hindenburg gar nicht stattfinden können, ist sich Möllmann sicher.

Die Verwaltung überarbeitete darauf hin ihre Sitzungsvorlage für den Rat. Im Wortlaut lautet der nun im März gefasste Beschluss: „Der Rat der Stadt Brühl erklärt, dass er die dem Kriegsverbrecher Adolf Hitler erteilte Ehrenbürgerschaft der Stadt Brühl von 1933 gemäß der Direktive 38 des Alliierten Kontrollrates sowie aufgrund der historisch belegten, verbrecherischen Rolle Adolf Hitlers und unter Berücksichtigung der Behandlung der Thematik im Rat der Stadt Brühl im Jahre 1983 als nichtig betrachtet. Des Weiteren wird die Ehrenbürgerschaft von Paul von Hindenburg ebenfalls als nichtig betrachtet. Darüber hinaus erklärt der Rat, dass er jede Form antidemokratischen und menschenverachtenden Engagements und Handelns aus jeglicher politischen Richtung und gesellschaftlichen Gruppierung als ein für die Stadt Brühl nicht tolerierbares, unehrenhaftes Verhalten verurteilt."

Ohne das Engagement und die Hartnäckigkeit von Theresa Klümper wäre es nicht zu diesem Beschluss gekommen, meint Lehrer Möllmann. Nicht nur der letzte Absatz des Beschlusses mache Mut, so der Pädagoge. Der Rat habe sich eindeutig und offiziell vom damaligen Beschluss des Rates von 1933 distanziert. Möllmann: „Er hat Hitler und Hindenburg die Ehrenbürgerschaft nicht einfach nur aberkannt, er hat sie für nichtig erklärt."

frv


Bonner General-Anzeiger vom 12.3.2009



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