Forum (Zeitschrift der Andheri-Hilfe Bonn), Ausgabe Nr. 2/09




Fremde werden Freunde





von Elvira Greiner

Begonnen hat die intensive Verbindungen mit dem St. Ursula Gymna¬sium in Brühl bereits vor 40 Jahren. Mehr als 500.000 Euro haben Schülerinnen und Schüler durch Feste, Basare und anderen Aktionen seitdem aufgebracht. Mit den jeweils geförderten Projekten stand die Schule in gutem Kontakt. Vor einigen Wochen waren es Fünftklässler, die sich besonders engagieren wollten:

So berichtete ich ihnen von den Mädchen und Jungen, die ich wenige Wochen zuvor in Rajasthan, im Norden Indiens, getroffen hatte. Unser dortiger Partner, Herr Sundar Sharma, hat begonnen, die Kinder in „Kinderparlamenten" zu organisieren. Als junge Bürger der größten Demokratie der Welt sollen sie frühzeitig um die Möglichkeiten wissen, die ihnen ihr Land bietet. Sie setzen sich ein für bessere Schulbildung, für das Recht auf gesunde Entwicklung, auch auf Spiel und Sport. Sie stellen (auch unbequeme) Fragen an die Lokalpolitiker. Sie warten aber nicht nur auf Veränderungen „von oben", sondern bringen sich selbst ganz konkret ein: Sie geben z.B. den schwächeren Schülern Nachhilfeunterricht und motivieren die Eltern der Kinder, die bislang noch nicht zur Schule gehen, ihren Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen.

Solches Engagement wird bei deutschen Kindern selten gefördert. Das war ganz spannend für die Brühler Kinder. Als wir gemeinsam die Lichtbilder anschauten, fanden sie natürlich eine Menge Unterschiede zu ihrem Leben hier: die Hütte statt dem Haus, die offene Kochstelle statt dem Elektroherd, das Waschen im Tümpel statt im Badezimmer. Aber sie fanden auch Ähnlichkeiten: die gleiche Pinwand, das karierte Hemd,.... Das Interesse der Mädchen und Jungen war sehr groß: Spontan entstand die Idee, dass sich die jungen Menschen doch über Briefe, Bilder und Fotos austauschen könnten, um mehr voneinander zu erfahren.

Ich schrieb Herrn Sunder Sharma davon und erhielt schon wenige Tage später die Rückmeldung: „... Sie können sich nicht vorstellen, wie glücklich die Kinder waren, als ich Ihnen von dieser Idee erzählte. Sie sind so begierig, neue Freunde in einem anderen Land zu finden, mehr zu erfahren von ihrer Kultur, ihrem Leben, ihrer Schule, ihrer Natur usw. Sie haben tausend Fragen, die sie gerne stellen wollen. Auch die Mütter waren ganz aufgeregt, dass ihre Kinder die Chance haben werden, solche Kontakte zu knüpfen. Und die Lehrer sagten spontan ihre Unterstützung zu: Sie werden die Briefe der Kinder von Hindi ins Englische übersetzen..."

Hier eröffnet sich eine ganz neue Lernchance - für junge Menschen in Rajasthan und hier bei uns. Die Erfahrungen werden weit tiefgreifender und nachhaltiger sein, als die Arbeit mit dem besten Lehrbuch!



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