Kölnische Rundschau vom 16. September 2002




Politikern auf den Zahn gefühlt

Erstwähler nahmen Bundestagskandidaten ins Kreuzverhör



von WOLF-DIETER RÜHL

Brühl Christian wollte es ganz genau wissen: "Glauben Sie denn wirklich, dass sich ein zukünftiger Bundeskanzler gegen eine von der UNO legitimierte Aktion gegen den Irak aussprechen könnte?"

Freche Nachfragen wie diese brachten die Politiker im Hörsaal des St. Ursula-Gymnasi-
ums ein ums andere Mal in Verlegenheit. Alle 114 Schüler der Jahrgangsstufe 13 hatten sich eingefunden, um ihren Bundestagskandidaten einmal richtig auf den Zahn zu fühlen. Immerhin geht es für die zukünftigen Abiturienten am 22. September darum, wem sie bei ihrer ersten Bundestagswahl ihr Vertrauen schenken.

So wurden Wolf Bauer (CDU), Helga Kühn-Mengel (SPD), Peter von Wilcken (Bünd-
nis90/Die Grünen), Lars Effertz (FDP) und Katina Schubert (PDS) regelrecht ins Kreuz-
verhör genommen.

Besonders die Bildungspolitik lag den Schülern dabei am Herzen. So machten sich viele Brühler Abiturienten sorgen, dass ihr Abschluss im internationalen Vergleich weniger zählt als noch zu Zeiten ihrer Eltern. Deswegen waren auch Überlegungen zu teilweise bundesweit einheitlichen Abiturprüfungen für die Schüler kein Tabu.

Gut gerüstet für das Gespräch mit der hohen Politik zeigten sich neben dem Publikum auch die Moderatoren. Während am Anfang schon mal PDS und FDP vertauscht wurden, schnitten die Schüler nach Überwindung der Anfangsnervosität den Kandidaten bei Zeitüberschreitung souverän das Wort ab.

Inwieweit die Diskussionsrunde zu ihrer Wahlentscheidung beigetragen hat, beantworteten die Jugendlichen unterschiedlich. Während Marc schon lange wusste, wem er am nächsten Sonntag seine Stimme geben wird, hat Julia die Diskussion der Kandidaten weitergeholfen: "Durch die überraschend konkreten Aussagen, konnte man sich schon ein neues Bild machen."

Inwieweit die Aussagen dann auch umgesetzt werden, ist eine andere Geschichte. Christian würde sich jedenfalls nicht wundern, wenn auch ein Kanzler Schröder nach der Wahl gegen den Irak ziehen würde.



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