von Bettina Jochheim
Gymnasial- und Musikschullehrer in Brühl unterstützten den 21-jährigen Turkmenen Anna Kurbanow bei seinem Neustart in Deutschland.
Brühl - "Die Musik hat mir viele Tore geöffnet", sagt der 21-jährige Anna Kurbanow, der, zusammen mit seinen Eltern und der Schwester, seit 1999 in Brühl lebt. Geboren wurde er in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat, "die Stadt der Liebe", übersetzt Kurbanow den Namen der 600 000-Einwohner-Stadt. Turkmenistan liegt in Mittelasien und grenzt im Süden an den Iran. Seine Eltern waren dort als Ingenieure tätig. Im zarten Altern von fünf Jahren nahm der kleine Anna erstmals eine Geige in die Hand. Seine Großmutter hatte ihn dazu inspiriert.
Musikexperten und Pädagogen erkannten sogleich das große Talent, das in ihm schlummerte. Schließlich wurde er in einer Schule untergebracht, die musikalisch ausgerichtet ist. Die Eltern aber strebten höhere Ziele für Anna und seine Schwester an. Ihr Wunsch war es, dass beide in Europa Fuß fassen sollten, und so kam die Familie am 28. Dezember 1999 nach Brühl - ohne jegliche Deutschkenntnisse.
"Das war schwer", sagt Anna Kurbanow. Beim dortigen Sozialamt erfuhr eine der Mitarbeiterinnen von der großen musikalischen Begabung des jungen Mannes und empfahl der Familie, umgehend Kontakt zu Bernhard Schoch, Leiter der Brühler Musikschule, aufzunehmen. "Das war mein großes Glück", resümiert der heute 21-Jährige. Ein kurzes Vorspiel reichte, um auch Schoch von den besonderen musikalischen Fähigkeiten zu überzeugen. Nicht allein, dass der Pädagoge den Kontakt zu der Violinenlehrerin Irmgard Zavelberg knüpfte, die Kurbanow regelmäßig Unterricht gab. Er fädelte auch eine Begegnung des jungen Mannes mit Werner Otte, dem Schulleiter des St.-Ursula-Gymnasiums in Brühl, ein. "Montags habe ich mich dort vorgestellt und dienstags begann schon mein neues Leben." Otte empfahl eine halbjährige Probezeit in der 10. Klasse mit der Maßgabe, diese Jahrgangsstufe dann zu wiederholen. Gleichzeitig suchte der Schüler Werner Menke auf, der Musik unterrichtet und Orchesterleiter an der Schule ist. Obwohl sich Kurbanow selbst als kontaktfreudig beschreibt, gestaltete sich der Umgang mit den Mitschülern zunächst etwas zäh. "Die Sprache war eine Barriere", analysiert er heute. Außerdem trug er damals einen Ohrring, "ich glaube, das wurde falsch interpretiert". Er trennte sich von dem Schmuckstück - vorläufig. In der ersten Zeit habe er die Unterrichtspausen ausnahmslos bei Otte verbracht, der ihn Schritt für Schritt an die deutsche Sprache heranführte. "Wir haben mit Begriffen wie Nase, Ohren, Augen angefangen." Hinzu kam die Hilfe der schon damals pensionierten Lehrerin Ingrid Willer, die sich bereit erklärt hatte, dem jungen Turkmenen ehrenamtlich Deutsch beizubringen. Im Schulorchester spielte er rasch die erste Geige, und auch seine Sprachkenntnisse machten Fortschritte. "Eines Morgens wachte ich auf und konnte Deutsch, ich dachte sogar in deutscher Sprache."
Nach einer Klassenfahrt, die nach Holland und Belgien führte, wurde auch das Verhältnis zu den Mitschülern besser. Anna Kurbanow war nun einer von ihnen. Vor zwei Wochen legte er sein Abitur ab - mit einem Notendurchschnitt von 2,9. Geschichte und Chemie hatte er als Leistungskurse, Musik und Deutsch als Grundkurse gewählt. Zeitgleich nahm er am Wettbewerb "Jugend musiziert" teil, spielte sich vom Regional- über den Landes- hin zum Bundesentscheid und erzielte dort mit Werken von Mendelssohn-Bartholdy und Sergej Prokofjew den dritten Platz. Russische Komponisten wie Tschaikowsky und Khatchaturian gehören zu seinen Lieblingsmusikern, "aber mein Held ist Beethoven". Für seine berufliche Zukunft gibt es nur eines: die Musik. Er bewarb sich an der Robert- Schumann-Musikhochschule in Düsseldorf - gemeinsam mit 200 weiteren Talenten. Nur 20 werden pro Semester angenommen - Anna Kurbanow gehört dazu. Seinen Schwerpunkt wird er auf die künstlerische Instrumentalbildung legen, denn sein Ziel ist die Orchestermusik.
Eine Kostprobe seines Könnens gibt Anna Kurbanow beim sommerlichen Musikfest am Samstag, 10. Juli, 19.30 Uhr, in der Fachhochschule des Bundes, Willy-Brandt-Straße 1 in Brühl.
KStA vom ???
Copyright 2002 Kölner Stadt-Anzeiger. Alle Rechte vorbehalten.
|