EU-Kommissar Günter Verheugen stand Schülern Rede und Antwort
von KATHRIN HÖHNE
BRÜHL. Markus Kaufmann und Sven Witthöft vom St.-Ursula-Gymnasium in
Brühl entschieden sich im Online-Zeitalter für den direkten Draht zu
Günter Verheugen und luden den Vizepräsidenten der EU-Kommission und
Kommissar für Unternehmen und Industrie per E-Mail zu einer
Diskussionsrunde ein. Mit Erfolg. Verheugen stand am Freitag Schülern
der Klassen zehn bis zwölf im Oberstufenzentrum Rede und Antwort zur
Europäischen Union.
Er bewege sich gern in heimischer Umgebung, meinte der Politiker, der
in Brühl seine Wurzeln hat. Er erinnere sich noch gut an so manche
Jugendgeschichte, bevor es dann zum Studium und danach in die deutsche
und später europäischen Politik ging. In der gelte es „schwierige, aber
notwendige Prozesse zu gestalten. Unter der Überschrift „Wohin steuert
die Union?" ging es insbesondere um die Frage: Wie viel Immigration
verträgt die EU?" Die demographische Entwicklung mache neben der
wichtigen Gestaltung einer kinderfreundlichen Gesellschaft gerade
in Deutschland eine Zuwanderung aus ökonomischen Gründen erforderlich,
aber „gezielt und begrenzt", äußerte der Politiker. Bis zum Jahre 2050
rechne die EU mit einer Zuwanderung von rund 40 Millionen Menschen,
wenn möglich aus der Nachbarschaft. Dabei gehe es darum, eine hohe
Erwerbsquote auf hohem Qualifizierungsniveau zu erreichen, denn
angesichts der Globalisierung „ist die Zukunftsgesellschaft in der
EU eine Wissensgesellschaft", betonte Verheugen. Dieses Thema schließe
das Asylrecht nicht aus, das als ein menschliches Grundrecht bestehen
bleiben müsse. Unter dem Eindruck des G-8-Gipfels verwies der Politiker
darauf, dass im Umgang mit den Entwicklungsländern die fehlenden
gemeinsamen sozialen Standards und Umweltstandards sowie die
Agrar-Subventionen die größten Probleme seien. Ausgiebig diskutierten
die Schüler auch über den angestrebten Beitritt der Türkei zur EU. Das
Land müsse den Ansprüchen der Rechtstaatlichkeit genügen, sagte Verheugen.
„Aber die ökonomische Globalisierung ist auch eine Globalisierung der
Kulturen und der Konflikte", so der EU-Kommissar. Insofern sei es umso
wichtiger, mit einem Land mit islamischen Hintergrund Gespräche zu führen,
die das gemeinsame Ziel einer stabileren Welt hätten, insbesondere in
Richtung Naher Osten. Für die EU heiße das, sie brauche eine feste
gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik, auch unabhängig von den USA.
Wie für viele Schüler war für die Organisatoren Kaufmann und Witthöft
das Treffen mit dem Politiker eine "spannende Unterrichtsstunde". Im Kopf
der beide 18-Jährigen sitzt nun fast schon die Idee fest, daraus eine
kontinuierliche Gesprächsreihe an der Schule zu machen.
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