Kölner Stadtanzeiger vom 06. September 2007



Anstatt in die Schule zur Vorlesung an die Uni

Die 16-jährige Christiane Engels studiert im
zweiten Semester Mathematik in Bonn



Das „FFF-Projekt" ermöglicht schon Schülern eine akademische Ausbildung.


VON JANINA KONIETZNY

Montagmorgen: Jeden 16-jährigen Schüler ruft die Schule, Christiane Engels ruft die Universität Bonn - genau genommen die Vorlesung „Analysis" bei Professor Dr. Herbert Koch im Mathematischen Institut. Schon im zweiten Semester studiert die in Metternich wohnende Jugendliche Mathematik. In den Herbstferien 2006 hatte alles angefangen: „In der Schule las ich einen Aushang über das »FFF-Projekt«. Schüler ab der zehnten Klasse können im Rahmen dieses Projektes einige Fächer an der Uni studieren", erklärt Christiane. , ,FFF" steht für „Fördern - Fordern - Forschen".

Christiane war sofort interessiert und beantragte bei der Schulleitung, montags und donnerstags in den ersten vier Schulstunden vom Unterricht befreit zu werden, damit sie an dem Projekt teilnehmen kann. Die Schulleitung stimmte wegen ihrer guten Zeugnisnoten zu. „Nicht nur meine Mathenote musste gut sein, auch die der anderen Fächer, da ich ja acht Stunden pro Woche fehle."

Studieren bedeutet nicht nur, sich in die Vorlesung zu setzen und mitzuschreiben. ,.Drei Tage pro Woche fahre ich gleich nach der Schule wieder nach Bonn. Dann finden nämlich Übungen mit meinen Mitstudenten und einem Tutor statt", erzählt Christiane. „Manchmal nervt es schon, da ich rund 245 Minuten in der Woche mit Bahnfahren verbringe"

Freitags gibt es eine extra Übung nur für „FFFler". Denn außer Christiane nehmen noch weitere zehn Schüler im Bereich Mathematik an diesem Projekt teil. Selbstverständlich gibt es auch Hausaufgaben, die mit Punkten bewertet werden. 40 Prozent der Punkte sind nötig, um zur Klausur am Ende des Semesters zugelassen zu werden.

Im Durchschnitt sitzt Christiane vier Stunden pro Woche an den Aufgaben. „Am Anfang war es schwer, sich an die Aufgabentypen zu gewöhnen, denn man muss hauptsächlich nur Formeln beweisen. Das Ganze hat fast nichts mehr mit Zahlen zu tun, sondern nur noch mit Variablen", so die Schülerin, die die elfte Jahrgangsstufe besucht. An der Uni hat sie bereits Stoff der Oberstufe gelernt. „Alles, was wir in der Schule durchnehmen, habe ich schon gelernt. Für »Normalstudenten« ist der Stoff der Oberstufe nämlich Grundvoraussetzung; das bedeutete, dass ich ihn mir nebenher selber aneignen musste."

Anfang des Jahres stand für Christiane die erste Klausur an der Uni an, mit deren Bestehen man einen Übungsschein erhält. Diese Scheine sind wichtig für das spätere Diplom. „Ich hatte eigentlich ein schlechtes Gefühl nach der Klausur. Umso größer war die Freude, als ich erfuhr, dass ich bestanden hatte. Dabei sind rund 60 Prozent der Studenten durchgefallen", erzählt sie stolz.

Seit den Osterferien studiert sie im zweiten Semester. Freie Tage bleiben ihr wenig, in den Sommerferien musste sie noch drei Wochen lang zur Uni gehen. „Das ist zwar nervig, aber das ist es mir auch wert", meint Christiane. Und das nicht nur, weil sie eine Menge lernt. „An der Uni habe ich auch neue Freunde gefunden."



zurück