VON YVONNE VRANJKOVIC
BRÜHL. Ein Kind ist antriebslos, häufig schlecht gelaunt, die schulischen
Leistungen werden schlechter und im Familienhaushalt schwinden auf
geheimnisvolle Weise die Alkoholvorräte? Das könnten Anzeichen für ein
beginnendes Alkoholproblem sein. Damit es soweit nicht kommt, hatte die
Elternpflegschaft des St.-Ursula-Gymnasiums den Suchtberater Stefan
Poppelreuter eingeladen, um die Mütter und Väter der Jahrgangsstufen
fünf bis zehn über Suchtprävention aufzuklären.
„Abstinenz ist nicht das Ziel“, so der Psychologe. „Statt dessen sollen
die Eltern ihre Kinder dabei unterstützen, einen normalen Umgang mit
Alkohol zu finden.“ Aber was ist normal? Die Antwort: „Ein Glas Bier an
fünf Tagen in der Woche ist für einen erwachsenen Mann gesundheitlich
unbedenklich.“ Allerdings stelle Alkohol für Kinder eine größere Gefahr
dar. „Bei 0,5 Promille kann ein Kind unter Umständen bereits bewusstlos
sein.“ Ein Erwachsener darf dann sogar noch Auto fahren.
Aber was ist zu tun, wenn ein Zwölfjähriger gerne mal ein Bier probieren
würde, wollten die dreißig Mütter und Väter von Poppelreuter wissen. „Es
ist gut, wenn die ersten Erfahrungen in einer kontrollierten Situation
gemacht werden“, lautete die Antwort. Dabei sollte zwölf aber das
Mindestalter sein. Überhaupt sei es wichtig, den ersten Konsum so weit
wie möglich hinaus zu schieben.
Besondere Sorgen machten den Eltern auch die Alkopops - oder wie der
Experte sagt: Alkoholhaltige Mischgetränke auf Spirituosenbasis. Von den
bunt und peppig gestalteten Flaschen hatte Poppelreuter einige zur Ansicht
mitgebracht. „Der hohe Zuckergehalt verdeckt den Alkoholgeschmack und
verführt dazu, viel zu trinken.“ Dadurch habe sich das Einstiegsalter der
Konsumenten verringert. Eltern sind oft machtlos. Zwar meinten einige der
Anwesenden, dass ihre Kinder mit ihnen über ihren Alkoholkonsum sprechen
würden. In dieser Hinsicht musste Poppelreuter aber einige Illusionen
zerstören: „Das Verhältnis von dem, was ihre Kinder ihnen mitteilen und
dem realen Verbrauch beträgt eins zu vier.“
Aber was können Eltern denn konkret tun? „Vereinbaren Sie Regeln und
suchen Sie das Gespräch.“ Wenn der Kontakt verloren ginge, könne man kaum
noch unterstützen. „Und schauen Sie hin, was Ihre Kinder tun, und sprechen
Sie es auch an, wenn Freunde ihrer Kinder sich auffällig verhalten.“ Nicht
zuletzt sei es wichtig, dem Nachwuchs ein Vorbild zu sein.
„Diese Veranstaltung richtet sich speziell an Eltern“, so der Psychologe,
der sich seit 15 Jahren mit dem Thema Alkoholsucht beschäftigt und selber
zwei Söhne im Alter von elf und zwölf Jahren hat. „Sie haben nämlich mehr
Einfluss, als sie selber denken.“
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