Kölnische Rundschau vom 23. November 2006



Warnsignale rechtzeitig erkennen



VON YVONNE VRANJKOVIC

BRÜHL. Ein Kind ist antriebslos, häufig schlecht gelaunt, die schulischen Leistungen werden schlechter und im Familienhaushalt schwinden auf geheimnisvolle Weise die Alkoholvorräte? Das könnten Anzeichen für ein beginnendes Alkoholproblem sein. Damit es soweit nicht kommt, hatte die Elternpflegschaft des St.-Ursula-Gymnasiums den Suchtberater Stefan Poppelreuter eingeladen, um die Mütter und Väter der Jahrgangsstufen fünf bis zehn über Suchtprävention aufzuklären.

„Abstinenz ist nicht das Ziel“, so der Psychologe. „Statt dessen sollen die Eltern ihre Kinder dabei unterstützen, einen normalen Umgang mit Alkohol zu finden.“ Aber was ist normal? Die Antwort: „Ein Glas Bier an fünf Tagen in der Woche ist für einen erwachsenen Mann gesundheitlich unbedenklich.“ Allerdings stelle Alkohol für Kinder eine größere Gefahr dar. „Bei 0,5 Promille kann ein Kind unter Umständen bereits bewusstlos sein.“ Ein Erwachsener darf dann sogar noch Auto fahren.

Aber was ist zu tun, wenn ein Zwölfjähriger gerne mal ein Bier probieren würde, wollten die dreißig Mütter und Väter von Poppelreuter wissen. „Es ist gut, wenn die ersten Erfahrungen in einer kontrollierten Situation gemacht werden“, lautete die Antwort. Dabei sollte zwölf aber das Mindestalter sein. Überhaupt sei es wichtig, den ersten Konsum so weit wie möglich hinaus zu schieben.

Besondere Sorgen machten den Eltern auch die Alkopops - oder wie der Experte sagt: Alkoholhaltige Mischgetränke auf Spirituosenbasis. Von den bunt und peppig gestalteten Flaschen hatte Poppelreuter einige zur Ansicht mitgebracht. „Der hohe Zuckergehalt verdeckt den Alkoholgeschmack und verführt dazu, viel zu trinken.“ Dadurch habe sich das Einstiegsalter der Konsumenten verringert. Eltern sind oft machtlos. Zwar meinten einige der Anwesenden, dass ihre Kinder mit ihnen über ihren Alkoholkonsum sprechen würden. In dieser Hinsicht musste Poppelreuter aber einige Illusionen zerstören: „Das Verhältnis von dem, was ihre Kinder ihnen mitteilen und dem realen Verbrauch beträgt eins zu vier.“

Aber was können Eltern denn konkret tun? „Vereinbaren Sie Regeln und suchen Sie das Gespräch.“ Wenn der Kontakt verloren ginge, könne man kaum noch unterstützen. „Und schauen Sie hin, was Ihre Kinder tun, und sprechen Sie es auch an, wenn Freunde ihrer Kinder sich auffällig verhalten.“ Nicht zuletzt sei es wichtig, dem Nachwuchs ein Vorbild zu sein.

„Diese Veranstaltung richtet sich speziell an Eltern“, so der Psychologe, der sich seit 15 Jahren mit dem Thema Alkoholsucht beschäftigt und selber zwei Söhne im Alter von elf und zwölf Jahren hat. „Sie haben nämlich mehr Einfluss, als sie selber denken.“



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