Kölnische Rundschau - Erftkreis - vom 9. Februar 2008



Managergehälter und Mindestlöhne



VON WOLFGANG KIRFEL

BRÜHL. Über Werte, die eine Gesellschaft zusammenhalten, und Fragen der Migration und Integration diskutierte gestern Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) mit Schülern der Klassen 11 bis 13 des St.-Ursula-Gymnasiums. Dabei ging es auch um aktuelle Themen wie Managergehälter oder Mindestlöhne.



„Wofür steht Deutschland?“ lautete der Titel der Veranstaltung im prall gefüllten Oberstufenzentrum der Schule. „Jede Gesellschaft, aber auch Familien, Vereine oder Verbände brauchen ein Mindestmaß an gemeinsamen Werten und Überzeugungen“, erklärte Lammert zum Einstieg. Das sei auch eine Voraussetzung für Vielfalt. Verfassungen und Gesetze könnten die gemeinsamen Überzeugungen nicht ersetzen, „sie sind vielmehr deren Ausdruck“. „Deutschland braucht wegen seiner lausigen demographischen Entwicklung und der Tatsache, dass die sozialen Sicherungssysteme im Rahmen eines Generationenvertrags finanziert werden, auch in Zukunft Zuwanderung“, betonte der Bundestagspräsident. Aber Migration führe nicht zwangsläufig zur Integration: „Das ist ein Prozess, an dem Einheimische und Migranten mitarbeiten müssen.“ Voraussetzungen seien: Sprache, Bildung, Arbeit und soziale Absicherung. Einwanderer müssten die Sprache des Gastlandes beherrschen, um sich bilden und durch Arbeit ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Um eine soziale Absicherung gewährleisten zu können, müssten erst einmal finanzielle Spielräume für eine Umverteilung geschaffen werden. In der Diskussion mit den Schülern definierte der Bundestagspräsident Patriotismus als „Grundbedürfnis der Menschen nach einem Zuhause“. „Ein Patriot ist ein Mensch, der sein Land liebt, ein Nationalist dagegen verachtet andere Länder.“ Ein positives Beispiel für Patriotismus sei das Verhalten bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 gewesen.

Auf die Nachfrage von Schülern ging Lammert auch auf die aktuelle Diskussion um Managergehälter und Mindestlöhne ein. „Ich finde auch keine plausible Erklärung, warum Manager Gehälter bis zum 1000-fachen von dem eines einfachen Mitarbeiters verdienen“, räumte der CDU-Politiker ein. Die Diskussion konzentriere sich nur auf Manager, dabei seien auch Sportler, Medienleute und Schauspieler betroffen. „Wenn ein renommierter Bundesligaverein aus dem Süden einem 20-jährigen Brasilianer, dessen Name nicht mal allen Vorstandsmitgliedern bekannt ist, zweistellige Millionengehälter zahlt, regt sich darüber keiner auf“, so Lammert. Er halte nichts von einer gesetzlichen Begrenzung der Gehälter und sei auch gegen die Einführung von Mindestlöhnen. Versuche, mit einem Mindestlohn die Probleme der Armut zu lösen, seien nicht gut durchdacht. Die Festsetzung der Löhne bleibe Aufgabe der Tarifparteien.

Massiv kritisierte der Bundestagspräsident die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender. Sie erhielten jährlich sieben Milliarden Euro, um das Grundinformationsbedürfnis der Zuschauer zu decken. „Doch seit es das Privatfernsehen gibt, ist ein Wettlauf um die erfolgreichste Soap entbrannt.“ Unterhaltung habe Vorrang vor der Information, das zeige auch die Flut von Talkshows. Um dies zu ändern, sei er auch zurzeit im Gespräch mit den Sendern.

Mit einem Plädoyer an die Schüler, sich an der Politik zu beteiligen und bei Wahlen mitzuentscheiden, von wem man regiert wird, verabschiedete sich der CDU-Politiker.



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