VON BETTINA JOCHHEIM
Brühl - Wenn Amelie Stuchtey das Fernsehen ausmacht, schneidet sie dem
Gerät die komplette Stromzufuhr ab, geht also nicht in den Stand-by-Betrieb.
Die 14-jährige Schülerin lebt umweltbewusst, denn sie sorgt sich um die
Zukunft des Klimas. Mit diesem Interesse hat sie auch ihre Freundin Annika
Weber „infiziert“ - beide besuchen die neunte Klasse des St.-Ursula-Gymnasiums
in Brühl. Als sie sich im Physikunterricht mit Kräften und Energiegewinnung
beschäftigten, stellten sie sich die Frage, wie man Energie, die bei
sportlicher Betätigung auf einem Ergometer erzeugt wird, sinnvoll nutzen
kann. Während beim Fahrradfahren die Energie in Fortbewegung umgesetzt werde,
verwandele sich die Energie beim Heimtrainer lediglich in Wärme und die gehe
verloren, so Stuchtey. Doch damit wollten sich die beiden „Forscherinnen“
nicht zufrieden geben. Dem Prinzip eines Dynamos folgend, kamen sie auf die
Idee, den Generator einer einstigen Autolichtmaschine zu installieren,
verbanden das Schwungrad des Trainingsgerätes über einen Keilriemen mit
dem Generator und schlossen vier Halogenbirnen eines Autoscheinwerfers
sowie eine Lego-Eisenbahn an. Und in der Tat: Wenn Stuchtey oder Weber
kräftig in die Pedale treten, leuchten die Birnen, die Eisenbahn fährt
im Kreis. Mit dieser „Energiegewinnung beim Fitnesstraining“ bewarben
sich die jungen Mädchen beim Regionalwettbewerb „Jugend forscht“. Seit
Oktober feilten sie an ihrem Experiment, fanden große Unterstützung bei
ihrem Physiklehrer Dr. Helmut Hoverath und einem Brühler Unternehmen.
Und ihre Arbeit sollte Früchte tragen: Donnerstagabend präsentierten sie
ihre Form der Energiegewinnung bei der Industrie- und Handelskammer zu
Köln, die den Wettbewerb gemeinsam mit den Kölner Unternehmen Cologne
Chip AG und Gude Analog- und Digitalsysteme GmbH ausrichtet. Da die
beiden Brühler Schülerinnen der unteren Altersgruppe angehören, wurden
sie in die Kategorie „Jugend experimentiert“ eingeordnet und erzielten
dort den dritten Preis - als einzige Schüler im Rhein-Erft-Kreis.
Hoffen auf praktische Umsetzung
„Das ist in der 115-jährigen Geschichte unserer Schule eine Premiere“,
freute sich am Freitag auch Schulleiter Werner Otte über den Erfolg „seiner“
Schülerinnen. Zumal ihnen von Physiklehrer Hoverath auch noch attestiert
wurde, dass sie mit dem Thema „Induktion“ im Bereich der Elektrizitätslehre
dem Stoffplan ihres Jahrgangs weit voraus seien.
Und auch die jungen Frauen sind stolz, sich unter den 40 Mitbewerbern
behauptet zu haben. „Ich fände es schön, wenn es jetzt noch umgesetzt würde“,
sagt Amelie Stuchtey. Mit Hoverath zusammen haben beide hochgerechnet, dass
allein die Energie, die in zwei Fitnesszentren entstehe, einen Haushalt mit
vier Personen dauerhaft mit Strom versorgen könne. „Wenn man überlegt, wie
viele Studios es gibt, wäre das eine große Entlastung für die Umwelt“, so
Stuchteys Fazit.